Es war einmal – so fangen Märchen an, oder?
Meins fängt in einem Dorf irgendwo in Norddeutschland an. Eine Dorfstraße mit lauter ordentlichen Backsteinhäusern, Haus an Haus in einer ordentlichen Reihe, gepflegt und sauber. Vorgärten davor in denen gut gehätschelte Pflanzen in zusammen gebundenen Tuffs stehen, dazwischen die braune Erde, von Unkraut befreit. Nichts verrät, was am Ende der Dorfstraße auf mich wartet. Da wird es auf einmal ein bisschen unruhig auf der linken Seite. Man sieht keinen Vorgarten mehr und keine Backsteinhäuser. Stattdessen eine dichte, grüne Hecke mit kleinen Toren drin, durch die man noch mehr Grün sieht. Ab und zu wippen vorwitzig ein paar Blüten über dem Grün.
Natürlich bin ich neugierig zu sehen, was sich hinter diesem Wildwuchs verbirgt. Natürlich halte ich an und schaue um die Ecke.
Und dann betrete ich eine Märchenwelt.
Hinter einem Bauernhaus erstreckt sich die grünste Wiese, die ich je gesehen habe, weich wie ein Teppich aus Samt, umgeben von Beeten voller Farben und Formen, mit Pflanzen, großen und kleinen, zarten und kräftigen, weißen und bunten, als würden sie um das Grün der Wiesen herum tanzen.Niemand scheint im Haus zu sein, auch im Garten sehe ich keinen Menschen. Dabei wüsste ich doch so gern, wer dies prächtige Paradies geschaffen hat!
Ich traue mich, um das Haus herum zu gehen und finde dort einen Hof und einen alten Obstbaum der bis ans Dach des Hauses ragt. Er hat sich verborgen hinter einer gigantischen Ramblerrose, die ihn mit ihren Hunderten von zart rosaweissen Blüten komplett bedeckt. Zwei Stühle, ein kleiner Tisch – wer ruht sich hier aus? Wer nutzt diesen Platz um sich am Duft der Blüten erfreuen? Man kann es kaum ahnen .
Alles ist so still. Gegenüber ein Arbeitsplatz für feine Hände mit lauter Töpfen schön und säuberlich geschichtet und lauter kleinen Verstecken dazwischen für- wer weiß, was? Wer weiß, wen? Wer arbeitet hier? Oder ruht sich zwischendurch auf den zwei Stühlen aus? Noch nicht mal der Wind macht hier Geräusche, alles ist so still, als wäre die Welt aus der ich gerade gekommen bin, weit, weit weg.
Ich gehe weiter und sehe einen großen Zaun, dahinter ein Feld voller Pflanzen, ein buntes, fröhliches Durcheinander. Hier herrscht nicht die Ordnung von vorne, hier stehen Türme von Töpfen herum, Giesskannen hängen an den Zaunspitzen, Pflanzschaufeln stecken in den Beeträndern- auch hier wird gearbeitet, das sieht man- aber arbeiten Menschen so?
Ich habe den Eindruck, hier hegt und pflegt die Natur sich selber. Im Garten vorne sieht man auf Schritt und Tritt, dass ein Plan die Pflanzen zusammengeführt hat, kleine vor großen, Farben, die sich ergänzen und in ihrer Buntheit strahlen, nichts abgeblühtes oder gar vertrocknetes habe ich gesehen.Das ist hier anders. Hier gibt es Blüten und Samenkapseln gleichermassen, alles in einer bunten, liebenswerten Unordnung. Wer hat diese Kinderstube errichtet? Ich habe noch immer niemanden hier gesehen. Es müssen Feen sein, oder?
Um die Ecke unter einem alten Obstbaum entdecke ich ein Bett, wie gemacht um sich zur Ruhe zu legen.
Ich traue mich nicht. Wer weiß, wem dieses Bett gehört. Wer weiß, wen ich da gerade nicht sehen kann und wessen Schlaf ich störe…
.Ich schaue mich um und sehe immer wieder Pflanzen, die sich um Vogelhäuschen gerankt, aus Töpfen gewunden, an Fenstergittern festgehalten oder anderswie selbstständig gemacht haben.
Sie scheinen mir zuzublinzeln. Höre ich da ein leises Kichern? Ja, so manch eine scheint ein Auge zu zu drücken dabei. Haben Sie sich selbst ihr Paradies gestaltet?
Verwirrt drehe ich mich um, will mich nun doch auf dem Bett ausruhen- und erwache leider aus meinem Traum.